Von Saudi-Arabien aus folgen wir dem Persischen Golf weiter Richtung Osten. „As-salaam 'alaykum“ – Willkommen in den Vereinigten Arabischen Emiraten! Wir sind gespannt, was uns in der Föderation aus sieben Emiraten erwartet. Die Messlatte liegt hoch. Wir sind immer noch verzaubert und tief berührt von der Gastfreundschaft, die uns im Nachbarland Saudi-Arabien begegnet ist.
Auch, wenn wir schon eine Weile die arabische Halbinsel bereisen, müssen wir uns vor der Einreise erst einmal schlau machen. Natürlich kennen wir die Emirate Dubai und Abu Dhabi. Aber wie heißen die restlichen Vertreter des Landes? Adschman, Fudschaira, Ra's al-Chaima, Schardscha und Umm al-Qaiwain. Alles klar – abgespeichert.
In den Vereinigten Arabischen Emiraten wohnen etwa 10 Millionen Menschen. Nur 10 Prozent von Ihnen sind Staatsangehörige. Die Mehrheit der Bevölkerung sind Arbeitsmigranten. Wir reisen im Westen des Landes in das Emirat Abu Dhabi ein und erleben den hohen Anteil an Arbeitsmigranten bereits an der maroden, staubigen Grenze. Überall entdecken wir Arbeiter, die in der glühenden Hitze die Straße fegen, Zäune reparieren oder Müll einsammeln.
Wir haben Zeit genug uns umzuschauen, denn die Einreise ist zäh und unorganisiert. Mal wieder weiß man nichts mit unseren europäischen Papieren anzufangen. Wie schon an vielen anderen Grenzen erleben wir das Phänomen: Die beiden deutschen Reisenden und ihr Fahrzeug parken wir einfach irgendwo auf dem Seitenstreifen und behaupten, gleich kommt jemand, der ihr Anliegen bearbeitet. Brav wie sie sind, warten die Beiden sicherlich so lange, bis unsere Schicht zu Ende ist. Wir machen uns einfach aus dem Staub, geben der neuen Schicht natürlich nicht Bescheid und schauen einfach, was passiert. Sollen sich doch die Kollegen der nächsten Schicht kümmern!
Zum Glück sind wir keine Anfänger mehr. Wir zeigen neben der geforderten Geduld eine gesunde Portion Selbstbewusstsein und machen uns immer wieder bemerkbar. Einfach mal Aussteigen aus dem Fahrzeug und die Beine im Schatten vertreten. Bei über 40 Grad in der Mittagssonne ein legitimes Anliegen. Spätestens nach ein paar Minuten stehen zwei bewaffnete Grenzbeamte bei uns, die uns zurück ins Fahrzeug bugsieren wollen. Freundlich lächelnd steigen wir wieder ein und bitten darum, unsere Einreise abzuwickeln. So arbeiten wir uns über Stunden sukzessive vom Fahrzeug, durch sämtliche Schalter und Büros der Grenze und von Grenzbeamten, zu Grenzbeamten, zu Grenzbeamten … verhandeln dann noch eine absurde „Einreisegebühr“, die wir plötzlich zahlen sollen, weg, schließen eine KFZ-Versicherung ab - bis wir – hallelujah! – einreisen dürfen.
Zur Krönung erklärt uns ein Grenzbeamter dann noch, dass wir doch einfach mit dem Flugzeug nach Dubai wie alle anderen Touristen fliegen sollen. Am Flughafen sei man schließlich auf Touristen ausgelegt. Super Tipp! Danke für die Information. Das merken wir uns! Wir vermissen die Saudische Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft schon jetzt. Irgendwie haben wir uns die Vereinigten Arabischen Emirate etwas glanzvoller vorgestellt. Aber offensichtlich glänzt nicht alles hier im Land, wie die Bilder, die wir aus den Metropolen Dubai und Abu Dhabi kennen.
Die Grenzbeamten sind im Regelfall die ersten Menschen eines Landes, mit denen wir Kontakt haben. Wahrscheinlich sind sich die wenigsten von ihnen ihrem Einfluss auf uns bewusst. Ein kleines Lächeln oder ein „herzlich Willkommen“ an der Grenze können so viel bewegen. Wir ärgern uns noch eine ganze Weile über den wenig herzlichen Start. Sich nicht willkommen zu fühlen, macht uns nachdenklich.
Die Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate und Namenspartnerin des gleichnamigen Emirates Abu Dhabi gibt sich alle Mühe, dem Glanz des Landes, den wir in unseren Vorstellungen hatten, gerecht zu werden. Es ist sauber und aufgeräumt, Palmen säumen die Hauptverkehrsstraßen und wir finden alles, was unsere Herzen begehren. Die Shopping Malls glitzern, an jeder Ecke kann man wunderbare Dinge essen, und es gibt Supermärkte, in denen wir Dinge, die wir schon lange nicht mehr kaufen konnten, finden.
Wir werden Premium-Kunde bei der französischen Supermarkt-Kette Carrefour (Stichwort: warmes Pain au Chocolat, frisches Baguette oder knuspriges Croissant) und füllen unsere Vorräte für schlechte Zeiten auf. Nach jedem Supermarkt-Besuch und dem anschließenden Versuch, alle Einkäufe in unserem Fahrzeug zu verstauen, müssen wir über uns selbst lachen. Offensichtlich waren wir für sehr, sehr schlechte Zeiten einkaufen.
Das gepaart mit der arabischen Herzlichkeit, die wir dann doch auch in den Emiraten finden, wird das ein oder andere Mal zur Herausforderung. Unvergessen bleibt die liebe Familie, die uns sechs Kilogramm Datteln schenkt. Um Euch dies einzuordnen: sechs Kilogramm Datteln sind eine große Menge und schlichtweg zu viel für zwei Personen. Widerstand natürlich zwecklos. Also zieht zu uns in unser Fahrzeug ein riesiger Karton mit Datteln. Falls Ihr denkt, ach, so groß sieht er doch gar nicht aus: Richtig, der geübte arabische Schenkende denkt natürlich mit und verschenkt die Datteln platzsparend vakuumverpackt.
Über Abu Dhabi ziehen immer wieder schwere Stürme und Gewitter. Es regnet und hagelt phasenweise so heftig, dass wir unser Dachzelt nicht öffnen können und Nächte auf bewachten Shopping Mall-Parkplätzen verbringen müssen. Der Verkehr bricht mehrmals wegen Überflutungen zusammen. Ein besonders heftiges Gewitter fordert sogar Menschenleben. Wir bleiben also in der vermeintlichen „Sicherheit“ der Zivilisation und Infrastruktur der Stadt.
Falls die Sonne scheint, passiert dies mit voller Wucht. Tagsüber haben wir schnell Temperaturen um die 40 Grad. Eine willkommene Abwechslung sind daher nicht nur die arktisch gekühlten Malls, sondern auch die „Große Moschee“ von Abu Dhabi, die Scheich-Zayid-Moschee. Sie ist die größte Moschee der Vereinigten Arabischen Emirate und eine der Größten der Welt.
Die Ausmaße des Gebäudes sind imposant. Für unseren Besuch müssen wir uns Tickets im Voraus buchen und pünktlich zu unserem Zeitslot erscheinen. Natürlich sind wir nicht allein. Mit einer nicht endenden Masse an Besuchern werden wir unterirdisch auf das Gelände der Moschee geleitet. Wenn wir nicht wüssten, wo wir sind, könnte man meinen, wir sind an einem großen internationalen Flughafen. Strenge Sicherheitskontrollen, endlose Laufbänder und Gänge. Die Moschee ist sehr beeindruckend. Im Vergleich zu vielen anderen kleineren Moscheen, die wir am Wegesrand besuchen konnten, aber natürlich ein sehr touristisches Erlebnis.
Nur knappe zwei Autostunden entfernt erwartet uns Dubai. Schon bei der Anfahrt auf die Stadt empfängt uns die bekannte Skyline majestätisch. Großstadtfeeling vom allerfeinsten. In der bevölkerungsreichsten Stadt der Emirate wird nicht gekleckert, sondern geklotzt: Das 830 Meter hohe Burj Khalifa überblickt die Stadt und die künstlich angelegten Inseln vor der Küste mit den klangvollen Namen „The Palm“ oder „The World“.
Es gibt Malls, die so groß sind, dass wir uns tatsächlich in ihnen verirren. Ganze Themenwelten saugen uns angenehm klimatisiert raus aus dem Lärm der Stadt, rein in das Luxus-Shopping (für uns Window-Shopping-) Erlebnis. Ähnlich wie in Casinos in Las Vegas vergisst man hier sofort Raum und Zeit. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Sei es riesige Wasserspaßparks, ein beeindruckendes Aquarium oder die Möglichkeit Indoor-Ski zu fahren.
Besonders beeindruckt uns der höchste Wolkenkratzer der Stadt. Das Burj Khalifa sehen wir an einigen Tagen kaum im sandigen Dunst, der wie eine Glocke über der Stadt schwebt. Der Besuch des beeindruckenden Gebäudes bei Nacht ist ein Muss.
In der Dunkelheit bestaunen wir mit tausenden anderen Menschen eine Laser- und Musikshow, die die Nacht zum Tag macht. Am Fuße des Wolkenkratzers spritzt im Takt eine gigantische Fontäne. Wenn man sich hier nicht vom Bellagio in Las Vegas hat inspirieren lassen… leider sind wir an diesem Abend nicht in der Gesellschaft unserer lieben Freunde, mit denen wir vor einigen Jahren gemeinsam die USA bereist haben. Auch gibt es für uns heute kein leckeres Sushi, wie damals auf der Terrasse des Bellagios. Trotzdem sind die beiden bei diesem Anblick in Gedanken bei uns.
In Dubai bleiben wir viel länger als geplant. Außerhalb der Stadt finden wir einen sicheren Schlafplatz und viele weitere Overlander, die wie wir die arabische Halbinsel bereisen. Wir genießen es, der westlichen Welt wie wir sie kennen, in Dubai so nah zu sein. Das ein oder andere Mal vergessen wir, dass wir eigentlich auf der arabischen Halbinsel sind. In Dubai sehen wir so viele kurze Hosen, Röcke und ärmellose Tops, wie schon lange nicht mehr. Nicht alle Touristen passt sich den kulturellen Gegebenheiten hier an. Wir verhalten uns respektvoll bescheiden. Ein T-Shirt zu tragen fühlt sich aber dennoch mal wieder gut an.
Von Dubai geht es für uns zurück nach Abu Dhabi. Wir haben zwei Einladungen, die wir nicht ausschlagen möchten: Ein Abendessen bei einer deutschen Diplomatenfamilie und einen Ölwechsel. Wir haben einen wunderbaren Abend bei Tina und ihrer Familie im Herzen von Abu Dhabi. Für uns ist es ungewohnt, so lange und so viel Deutsch zu sprechen. Die meisten Gespräche führen wir sonst auf Englisch, mit ein paar Brocken Arabisch oder Händen und Füßen. Die deutsche Familie ermöglicht es uns, unser Fahrzeug bei ihnen zurückzulassen. So können wir Gretas Geburtstagsgeschenk einlösen und mit dem Flieger ein paar Tage „Pause“ vom Fahrzeug machen. Wo sollte unser Puch in besseren Händen sein, als hier. Vielen lieben Dank nochmal Tina, für Eure Gastfreundschaft und Hilfe!
Unsere zweite Einladung, der Ölwechsel, fällt eher in die Kategorie Kommunikation mit Händen und Füßen. Da aktuell Ramadan ist, findet das tägliche Leben größtenteils abends nach dem täglichen Fastenbrechen bzw. nachts statt. So machen wir uns um kurz nach Mitternacht auf den Weg zu unserem Termin in der Werkstatt.
Für uns ist diese Tages- bzw. Nachtzeit absolut ungewöhnlich. Normalerweise vermeiden wir es, bei Dunkelheit zu fahren. Die Werkstattmitarbeiter empfangen uns in der Dunkelheit bestens gelaunt. Schließlich haben sie einen Auftrag zu erfüllen. Einer ihrer Stammkunden hat uns per Instagram kontaktiert. Leider kann er uns nicht persönlich treffen, möchte uns aber mit einem Ölwechsel eine Freude machen. Natürlich bleibt es nicht beim Ölwechsel, sondern unser Puch wird gründlich inspiziert.
Mit frischem Öl und ohne größere Schäden entdeckt zu haben, rollen wir gegen 2:30 Uhr morgens wieder aus der Werkstatt. Nach dem Fastenmonat müssen wir zurück nach Abu Dhabi kommen, um unseren Ölwechsel-Sponsor persönlich zu Hause zu treffen. Wir versprechen Nazaar, der unseren Besuch in der Werkstatt übrigens am Telefon per Videoanruf überwacht hat, in ein paar Wochen zu ihm zu kommen.
Für uns geht es erst einmal weiter in den Oman. Wir freuen uns darauf, schon bald der Hitze in den kühlen Bergregionen des Landes entkommen zu können. Inshallah!
Greta // 27. Mai 2024 // Muscat, Oman
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